Deine erste Festanstellung: So stellst du dich finanziell richtig auf
Der erste Job… endlich geschafft! Nach all den Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen und dem ewigen Warten auf Rückmeldungen hältst du jetzt deinen ersten Arbeitsvertrag in den Händen.
Doch so aufregend der Berufseinstieg auch ist: Er bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Plötzlich bist du für dein eigenes Geld verantwortlich. Kein Studienzuschuss mehr, keine Unterstützung von den Eltern. Dafür Miete, Krankenkasse und vielleicht sogar die erste Steuererklärung.
Genau deshalb lohnt es sich, von Anfang an clever vorzugehen. In diesem Artikel zeige ich dir, wie du dich finanziell zum Karrierestart gut aufstellst - damit du langfristig sicher und unabhängig leben kannst.
Festanstellung - was sich jetzt für dich ändert
Mit der ersten Festanstellung beginnt ein neuer Lebensabschnitt und mit ihm kommen viele finanzielle Veränderungen:
Du trägst plötzlich die volle Verantwortung für deine Finanzen.
Miete, Internet, Lebensmittel, Versicherungen: Alles muss von deinem Gehalt bezahlt werden.
Rechnungen? Ja, die werden jetzt per Post direkt an dich geschickt. Und erwarten auch von dir bezahlt zu werden - pünktlich!
Vielleicht fragst du dich zum ersten Mal: Wie viel sollte ich eigentlich sparen? Wie viel sollte ich monatlich für Notfälle beiseite legen? Wann sind eigentlich die Steuern fällig?
Und der Klassiker: Übersehe ich irgendetwas?
Die gute Nachricht: Je früher du dich mit deinen Finanzen auseinandersetzt, desto einfacher wird es dir fallen, langfristig Verantwortung für dich, dein Geld und deine Zukunft zu übernehmen.
Und als Bonus baust du dir ein gesundes Money Mindset auf. Warum? Weil du das Thema nicht unter den Teppich kehrst und auf Besserung wartest, sondern dich direkt von Anfang an offen damit auseinandersetzt. Das ist Gold wert!
Ich habe sehr viele Frauen in der Beratung, die sich nichts mehr wünschen, als dass sie viel, viel früher damit angefangen hätten, sich mit ihrem Geld und ihrer Altersvorsorge auseinanderzusetzen.
Checkliste für deine finanzielle Absicherung beim Karrierestart
Was sind also deine wichtigsten Finanz-To-Dos zum Karrierestart? Im folgenden habe ich dir eine Checkliste zusammengestellt, die dir alles übersichtlich erklärt:
Budget
Klingt öde und restriktiv? Verstehe ich. Dabei bildet das Budget das Fundament deiner gesunden Finanzplanung. Warum? Wenn am Ende des Monats nichts von deinem Einkommen übrig bleibt, kannst du auch nichts für die Zukunft (egal ob in 2 Wochen oder 20 Jahren zur Seite) zur Seite legen. Es geht also darum, mehr zu verdienen als du ausgibst und regelmässig Geld beiseite legen zu können. Um das tun zu können, musst du genau wissen, was rein- und rausgeht.
Deine To Do’s:
Alle deine monatlichen variablen und fixen Kosten (Miete, Krankenkasse, Lebensmittel, ÖV etc.) in einer Übersicht festhalten
Schaue dir die Zahlen genau an: Ca. 50% sollten Lebenshaltungskosten sein, 30% Fun Money und 20% Sparen (50-30-20 Regel)
Notgroschen
Deine zweite Aufgabe? Einen Notfallgroschen aufbauen. Falls du in der Probezeit entlassen wirst, krank wirst oder ein anderer Notfall passiert, möchtest du nicht im Regen stehen. Daher ist es essentiell, dass du so schnell wie möglich versuchst, zum Start deiner Festanstellung einen Puffer von mind. 3 Monatsgehältern aufzubauen.
Diesen parkierst du auf einem Sparkonto und vergisst, dass er existiert. Urlaube und Co. werden davon nicht bezahlt! Nur Notfälle.
Deine To Do’s:
Eröffne ein neues Konto für deinen Notfallgroschen (hier findest du meine Kontoempfehlungen).
Richte einen monatlichen Dauerauftrag ein, der Stück für Stück deinen Notgroschen füllt. Idealerweise geht deine Sparquote von 20% deines Einkommens auf dieses Konto, bis es gefüllt ist.
Versicherungen
Damit du nachts ruhig schlafen kannst und dir auch wirklich um nichts Sorgen machen musst, empfehle ich dir, deine Versicherungen von Anfang an korrekt aufzusetzen. Was heisst das? Du schliesst alle notwendigen Versicherungen ab und lässt mögliche Versicherungslücken von einem Profi überprüfen.
Folgende Versicherungen empfehle ich dir zum Karrierestart:
Abschluss der obligatorischen Krankenversicherung (Grundversicherung) und Überprüfung des Unfallversicherungsschutzes. Als Info für dich: Dein Arbeitgeber versichert Nichtberufsunfälle, wenn du über >8 Std. pro Woche arbeitest, wenn das nicht der Fall ist, solltest du die Unfalldeckung über deine Krankenkasse einschliessen.
Eine Privathaftpflichtversicherung für Schäden an Dritten, falls du z.B. mal das brandneue iPhone deiner Freundin fallen lässt
Hausratversicherung, wenn du eine eigene Wohnung / WG-Zimmer hast
Erwerbsunfähigkeitsversicherung (die eine mögliche Invalidität absichert) prüfen. Denn: Meistens hast du über deine Pensionskasse und IV (Invalidenversicherung) nur ca. 60% deines Lohns im Falle einer Krankheit gedeckt. Um den Rest aufzufangen, solltest du über eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung nachdenken.
Finger weg von gemischten Lebensversicherungen! Ich bin absolut kein Fan davon, die Themen “Sparen” und “Versicherung” zu mischen. Eine reine (!) Risikolebensversicherung macht Sinn, wenn du bereits Kinder und grössere Verpflichtungen wie einen Immobilienkredit hast. Wenn du zusätzlich Vermögen aufbauen willst, dann bitte über eine investierte 3a oder einen ETF-Sparplan und nicht über eine Lebensversicherung.
Wenn du noch gar keine Versicherungen abgeschlossen hast, empfehle ich dir ausserdem einen Versicherungscheck. Wo du gut und günstig einen Versicherungscheck durchführen kannst, erfährst du hier.
Steuern und Abgaben
Hach ja, ein wunderbares Thema (zum Berufsstart und auch noch Jahre danach!). Je früher du dich hiermit beschäftigst, desto weniger Kopfschmerz wirst du im Laufe der Jahre haben.
Deine To Do’s:
Prüfe deine Lohnabrechnung in Bezug auf deine Abzüge für AHV/IV/EO, ALV, BVG etc. (alle Infos dazu in der untenstehenden Tabelle) und wende dich bei Fragen und Unklarheiten an deine Personalstelle in der Firma.
Falls du quellensteuerpflichtig bist (z.B. zugezogen mit B-Bewilligung), informiere dich frühzeitig, ob du deine erste Steuererklärung ausfüllen musst! Als Info für dich: Wenn du mit einer B-Bewilligung quellenbesteuert bist und über CHF 120’000.- verdienst, musst du nachträglich eine Steuererklärung einreichen. Mehr dazu findest du in diesem Artikel.
Als Schweizer*in musst du die “normale” Steuererklärung ausfüllen, daher lege von Anfang an immer genug Geld zur Seite, damit du im Folgejahr keine riesige Nachzahlung hast. Alternativ kannst du auch monatlich eine Steuervorauszahlung ans Steueramt leisten - manche belohnen dies sogar mit Zinsen. Win win! Wie hoch deine Steuern ausfallen kannst du hier ungefähr berechnen.
Alle Abzüge, die auf deinem Lohnzettel zu finden sind, kurz erklärt:
Bezeichnung | Kosten | Auswirkung |
---|---|---|
AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) | monatlich 8,7%, die zur Hälfte von dir und zur Hälfte von deinem Arbeitgeber gezahlt werden - dir werden also 4,35% abgezogen (Stand 2025) | Sichert die grundlegende Existenz im Alter |
IV (Invalidenversicherung) | monatlich 1,4%, die wieder hälftig von dir und deinem Arbeitgeber getragen werden - du zahlst also 0,7% (Stand 2025) | Greift bei kompletter oder teilweise Erwerbsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall und zahlt dir eine IV-Rente |
EO (Erwerbsersatzordnung) | monatlich 0,25% - dein Arbeitgeber zahlt den gleichen Betrag auch nochmal ein (Stand 2025) | Zahlt Personen, die einen Militär- oder Zivildienst antreten, einen Erwerbsausgleich |
ALV (Arbeitslosenversicherung) | monatlich 1,1% - Falls du über CHF 148'000.- verdienst, sind es nur 0,5%. Auch hier zahlt der Arbeitgeber den gleichen Betrag nochmal ein (Stand 2025) | Sichert deine Lohnfortzahlung in Höhe von 70% ohne Kinder oder 80% mit Kindern vom Lohn (maximal versicherter Lohn CHF 148'200.-) in der Arbeitslosigkeit und Maßnahmen, die deine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt unterstützen |
NBUV (Nichtbetriebsunfallversicherung) | abhängig von der Versicherung des Arbeitgebers und liegen bei 1-3% des Lohns. Je nach Arbeitgeber zahlt der Arbeitnehmende alles, teilweise oder auch nichts. Die Kosten für die Berufsunfallversicherung (BUV) trägt der Arbeitgeber allein. | Deckt die durch einen Unfall entstandenen medizinischen Kosten - wer mehr als 8h in der Woche arbeitet, ist über den Arbeitgeber auch für Nichtbetriebsunfälle (in der Freizeit entstandenen Unfällen) versichert. |
Altersvorsorge starten
Auch wenn es dir bis zur Rente noch ewig erscheint: Es lohnt sich, sich direkt zum Start der ersten Festanstellung mit dem Thema Altersvorsorge zu beschäftigen. Denn: Je eher du anfängst, desto kleiner müssen deine Beträge sein, mit denen du deine Rente aufpolstern kannst, weil du noch sehr viel Zeit bis Renteneintritthast. Im Gegenzug muss eine 50-jährige Person richtig viel monatlich zur Seite legen, wenn sie die Jahre davor nie etwas für die Altersvorsorge getan hat.
Um für deine Altersvorsorge Geld zur Seite zu legen, hast du theoretisch 3 Optionen:
Sparkonto
Versicherung
Depot.
Aufgrund der niedrigen Zinsen von rund 0,05% und einer Inflation von 2% lohnt sich ein Sparkonto nicht mehr. Eine Versicherung ist in meinen Augen kein Produkt, um Vermögen aufzubauen, sondern ist dafür da, Risiken abzusichern. Es bleibt also Nummer 3: Das Depot.
Das Depot kannst du einerseits über die 3a nutzen, andererseits über dein freies Vermögen (du eröffnest ein Depot bei einem Online Broker und zahlst dort Geld ein).
Ich empfehle dir, sobald dein Notgroschen gefüllt ist (siehe oben), erst einmal in die Säule 3a einzuzahlen und das dort eingezahlte Geld zu investieren. Das spart nicht nur Steuern, sondern hilft dir, langfristig deine Rentenlücke zu schliessen.
Infobox: Was war die Säule 3a nochmal?
Die 3a ist ein staatlich gefördertes Vorsorgekonto, das dir hilft, deine Rentenlücke im Alter zu schliessen. Du kannst nicht einfach beliebig viel einzahlen, sondern es gibt jährliche Maximalbeträge (Stichpunkt “gebundene” Vorsorge): CHF 7’258.- pro Jahr für Angestellte und bis zu 20% des Gewinns, max. CHF 36’288.-, für Selbstständige. Dafür erhältst du im Gegenzug Steuervorteile, weil du das in die 3a eingezahlte Geld von deinem zu versteuernden Einkommen abziehen kannst.
Die 3a ist ideal für alle, die bereits AHV (Säule 1) und berufliche Vorsorge (Säule 2) haben, aber noch mehr fürs Alter tun wollen (müssen).
Denn, wenn es dir noch nicht bewusst ist: Die 1. und 2. Säule werden im Alter NICHT ausreichen, weil du nur ca. 50-60% von deinem jetzigen Gehalt erhalten wirst. Du musst also privat (z.B. über die 3a Säule oder Investments) vorsorgen.
Deine To Do’s:
Suche dir dafür einen unserer empfohlenen 3a-Konten-Anbieter aus und eröffne 5 Konten.
Bespare diese 5 Konten parallel (auch wenn es nur CHF 20.- im Monat sind).
Investments
Wenn du das Maximum in deine 3a eingezahlt hast und noch mehr Geld zur Seite legen kannst, dann solltest du dich mit dem Thema Investieren auseinandersetzen. Jeder Rappen macht einen Unterschied und je früher du mit Investments anfängst, desto besser wird es dir finanziell über die Jahre gehen.
Wenn du dir eine Schritt-für-Schritt-Anleitung wünschst, wie du deine Finanzen strukturierst und planst: In meiner kostenlosen Online Masterclass lernst du alles, was du für deinen finanziellen Start brauchst - inklusive Workbook zum Download.
Ideal, wenn du schon etwas Geld ansparen konntest (mind. 3 Monatsgehälter) und jetzt mit kleinen Investmentbeträgen starten möchtest!
Dokumente & Verträge
Nur wenn du genau weisst, was du unterschrieben hast und welche Verträge du hast, kannst du fundierte, finanzielle Entscheidungen treffen.
Deine To Do’s:
Lies deinen Arbeitsvertrag sorgfältig durch! Insbesondere die Regelungen zur Probezeit, Kündigungsfristen und Überstunden. Je mehr du weisst, desto besser!
Gewöhne dir an, wichtige Dokumente (AHV-Nummer, Pensionskassenausweis, Versicherungsnachweise) geordnet (am besten in einem separaten Ordner) aufzubewahren.
Weitere Tipps zu deinem Karrierestart
Die Basics kennst du jetzt. Aber dein finanzieller Erfolg hängt nicht nur davon ab, wie gut du dein Budget im Griff hast oder ob du deine Altersvorsorge in jungen Jahren angehst.
Hier kommen ein paar zusätzliche Tipps, die dir helfen, deine ersten Berufsjahre souverän zu meistern:
Denk langfristig und investiere in dich
Klar, Altersvorsorge ist wichtig. Aber genauso entscheidend ist dein Humankapital. Also das, was du kannst, weisst und lernst. Weiterbildung, Sprachkurse, Coachings oder ein zweites Studium können deinen Marktwert langfristig steigern. Sehe Ausgaben für deine Entwicklung also nicht als Kosten, sondern als Investition in deine Zukunft. Diese Kosten kannst du sogar steuerlich geltend machen!
Gehalt verhandeln? Unbedingt!
Gerade beim Berufseinstieg scheuen sich viele Frauen davor, transparent und klar über Geld zu sprechen. Dabei ist es völlig legitim (und sogar wichtig!), dein Gehalt zu verhandeln - vor allem dann, wenn du gute Qualifikationen mitbringst oder in einer Region mit hohen Lebenshaltungskosten arbeitest. Trau dich! Ein guter Einstiegslohn wirkt sich langfristig auf dein gesamtes Einkommen aus. Und wenn du beim ersten Mal keinen Erfolg hattest, dann probiere es z.B. nach deiner Probezeit wieder.
Hilfe holen ist keine Schwäche
Du musst das Rad nicht neu erfinden. Frag deine Eltern, deine älteren Geschwister oder Freunde, wie sie ihre Finanzen geregelt haben. Und wenn du wirklich einen fundierten Überblick willst: Vereinbare ein Gespräch mit Expert*innen wie mir: Sei es für eine Budgetanalyse oder eine vollumfängliche Finanzplanung. Du investierst damit in Sicherheit, Klarheit und Selbstvertrauen - für jetzt und später.
Fazit: So startest du stark in deine erste Festanstellung
Deine erste Festanstellung ist mehr als nur ein Job: Sie ist der Beginn eines neuen, selbstbestimmten Lebensabschnitts. Und wie du diesen Start gestaltest, entscheidet darüber, wie sicher und entspannt du finanziell in die Zukunft blickst.
Mit einem klaren Haushaltsplan, der richtigen Absicherung, dem Aufbau deiner Altersvorsorge und dem schrittweisen Ausbau deines Humankapitals, legst du das Fundament für ein Leben in finanzieller Unabhängigkeit.