IV-Rente in der Schweiz: Voraussetzungen, Berechnung & Tipps zur Absicherung

Die meisten von uns beschäftigen sich mit Vorsorge vor allem im Hinblick auf das Alter. Doch mindestens genauso wichtig ist eine andere Frage: Was passiert, wenn du plötzlich nicht mehr arbeiten kannst, sei es wegen Krankheit oder Unfall?

Genau hier kommt die IV-Rente (Invalidenrente) ins Spiel. Sie soll dir ein Einkommen sichern, wenn du aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung dauerhaft oder teilweise erwerbsunfähig wirst.

In diesem Artikel erfährst du, was die IV-Rente genau ist und wann du Anspruch hast, wie hoch deine Rente im Ernstfall ausfallen kann und welche Möglichkeiten du hast, deine Einkommenslücke zusätzlich abzusichern.

So bist du vorbereitet - auch auf das Risiko, das wir alle gerne verdrängen: Die eigene Arbeitsunfähigkeit.

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Warum musst du dich als gesunde Frau mit dem Thema IV-Rente auseinandersetzen?

Neben dem Risiko “Alter” und den Themen Altersvorsorge und Rentenlücke gibt es - mindestens genauso wichtig für dich - das Risiko “Berufsunfähigkeit”. Dieses Risiko entsteht, wenn du aufgrund von einem Unfall oder einer Krankheit langfristig nicht mehr arbeiten kannst. 

Dieses Risiko wird häufig unterschätzt! Ca. 40% der Erwerbstätigen werden einmal in ihrem Leben berufsunfähig. Hättest du das gedacht? Der Hauptgrund sind meist psychische Erkrankungen z.B. Burnout, gefolgt von Erkrankungen des Bewegungsapparates und Krebs. Unfälle sind nur in 8% der Fälle der Grund für eine Berufsunfähigkeit.

 
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Was passiert, wenn du arbeitsunfähig wirst?

Grundsätzlich erhältst du erst einmal 100% von deinem Lohn von Arbeitgebende als Lohnfortzahlung (je nach Dienstjahren und Kanton). Nutze die Berner, Zürcher oder Basler Tabelle, um genau herauszufinden, wie viel du erhältst. In der Zürcher Tabelle erhältst du beispielsweise 10 Wochen Lohnfortzahlung, wenn du mindestens 4 Jahre im Unternehmen angestellt bist.

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Was du danach erhältst, hängt davon ab, ob du durch Krankheit oder Unfall ausfällst.

Was passiert, wenn ich krank werde und dadurch (vorübergehend) nicht arbeiten kann?

Bei Krankheit folgt das Krankentaggeld, was typischerweise 80% vom Lohn ausmacht, bis zu 720 Tage (ca. 2 Jahre). Nach 1 Jahr Arbeitsunfähigkeit hast du Anspruch auf eine IV-Rente aus der AHV (1. Säule) plus einer Kinderrente, falls du Kinder unter 18 Jahre oder unter 25 Jahren hast, die aber noch in einer Ausbildung sind. 

Allerdings kann es sein, dass die IV-Rente erst ab Jahr 2 gezahlt wird, auch wenn du schon vorher Anrecht hast.

Nach 2 Jahren würdest du die IV-Rente plus Kinderrente erhalten plus die Invalidenrente aus der Pensionskasse plus Kinderrente aus der Pensionskasse. Die meisten Personen kommen damit auf 60-80% von ihrem Lohn.

Wie hoch die IV-Rente bei Krankheit genau ausfällt, kannst du deinem PK-Ausweis entnehmen.

Was passiert, wenn ich einen Unfall hatte und nicht mehr arbeiten kann?

Bei Unfall folgt nach der Lohnfortzahlung von 3 Tagen das Unfalltaggeld, was typischerweise 80% vom Lohn ausmacht, bis zu 720 Tage (ca. 2 Jahre).

Nach 1 Jahr Arbeitsunfähigkeit hast du Anspruch auf eine IV-Rente aus der AHV (1. Säule) plus einer Kinderrente, falls du Kinder unter 18 Jahre oder unter 25 Jahren hast, die aber noch in einer Ausbildung sind. Allerdings kann es sein, dass die IV-Rente erst ab Jahr 2 gezahlt wird, auch wenn du schon vorher Anrecht hast (wie bei Krankheit).

Nach 2 Jahren würdest du die IV-Rente plus Kinderrente erhalten plus die Invalidenrente aus dem Unfallversicherung (UVG).

Typischerweise ergeben die IV-Rente plus Kinderrente und der UVG-IV-Rente zusammen 90% von deinem Lohn bis zu einem Lohnmaximum von 148.200.- CHF (es kann sein, dass deine Firma ein höheres Lohnmaximum absichert).

Wie hoch die UVG-Rente ist, kannst du über das Personalreglement herausfinden.

 
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Wann habe ich Anspruch auf eine IV-Rente aus der AHV?

Eine IV-Rente aus der ersten Säule und Pensionskasse wird nur gezahlt, wenn du mindestens 40% invalide bist. Dein Invaliditätsgrad beeinflusst auch die Höhe der IV-Rente. 

Erst ab einem Invaliditätsgrad von 70% erhältst du die volle IV-Rente aus der AHV (die aktuelle Maximalrente ist CHF 2’520.- pro Monat). 

Wenn du z.B. 40% Invaliditätsgrad hast, dann hast du einen Rentenanspruch von 25%. Wenn du einen Invaliditätsgrad von 70-100% hast, dann erhältst du 100% des Rentenanspruchs. Die gesamte Staffelung findest du hier.

Um deinen Invaliditätsgrad zu berechnen, wird dein vorheriges Einkommen und dein jetziges Einkommen zur Rechnung gezogen.

Angenommen dein Einkommen lag ohne Invalidität z.B. bei 100’000.-, weil du als Beraterin tätig warst, und jetzt aufgrund von Burnout aber nur noch Teilzeit im Café arbeiten kannst und 30’000.- verdienst, dann hast du einen Erwerbsausfall von 70’000.- erlitten. Dieser entspricht 70% Einkommenseinbusse. Du hast daher einen Invaliditätsgrad von 70% und erhälst 100% Rente. 

Ab 70-100% liegt die monatliche IV-Rente zwischen  CHF 1’260.- und 2’520.-. 

Beim UVG ist das anders: hier gibt es schon eine Rente ab 10% Invaliditätsgrad.

Mithilfe dieser Zahlen kannst du berechnen, wie gross deine Lücke im Falle von Krankheit oder Unfall ist. Die meisten Frauen, mit denen ich arbeite, haben in beiden Fällen eine Lücke bei Krankheit, die wir durch eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung schliessen.

💡 Übrigens: In der Investment Class schauen wir uns genau das Thema auch an und schliessen anhand einer 360°-Pensions- und Finanzplanung jegliche Lücken, die du aktuell hast. Sei es Rentenlücke, Lücke durch Krankheit oder Unfall - nach 12 Wochen bist du bestens aufgestellt. Neugierig? Schau’ dir unser Programm hier näher an.

Wie hoch ist die IV-Rente aus der 2. Säule?

Die Höhe der IV-Rente aus der 2. Säule hängt vom angesammelten Altersguthaben zu Beginn der Versicherung und den künftig zu leistenden, nicht verzinsten Altersgutschriften bis zum ordentlichen Pensionsalter ab:

Berechnungsbeispiel Invalidenrente

Beispielrechnung Invalidenrente

Person: Mann, Jahrgang 1969

Beginn Erwerbsunfähigkeit: 2022 (Alter 53)

Erspartes Altersguthaben (BVG): CHF 250’000.–

Versichertes Taggeld (12 Monate): CHF 50’000.–

Zukünftige Altersgutschriften ohne Zins:

(CHF 50’000 × 15%) × 2 = CHF 15’000

(CHF 50’000 × 18%) × 10 = CHF 90’000

Gesamt: CHF 105’000

Massgebendes Altersguthaben: CHF 250’000 + CHF 105’000 = CHF 355’000

Umwandlungssatz 6,8%: 355’000 × 6,8% = CHF 24’140.–

Jährliche Invalidenrente: CHF 24’140.–

Die Einkommenslücke lässt sich mit einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung schliessen.

Achtung: Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung hat normalerweise eine Wartefrist von 24 Monaten, bevor sie Leistungen zahlt, es gibt allerdings auch Versicherer mit Wartefristen von 3 Monaten.

IV und Arbeitslosigkeit - was muss ich wissen?

Wenn du beim Bezug von Arbeitslosengeld krank wirst oder einen Unfall hast, hast du wahrscheinlich auch Anspruch auf eine IV-Rente. Wie genau dein Anspruch ist und wie der Prozess abläuft, habe ich dir in diesem Artikel zusammengestellt.

Der Prozess bis zur IV-Rente

Leider ist der Prozess und die Auszahlung der IV-Rente nicht automatisch. Du musst dich aktiv darum kümmern, was natürlich bei Krankheit noch als Last oben drauf kommt. 

Hier der Prozess im Überblick

  • Anmeldung zur IV-Rente: Spätestens nach 6 Monaten Arbeitsunfähigkeit, sonst kann es zu Verzögerung in der Auszahlung kommen

  • Prüfung des Anspruchs durch die IV-Stelle: Ggf. braucht es ein Gutachten, meist werden auch Umschulungen oder Wiedereingliederungsmassnahmen vorgeschlagen

  • Dauer des Prozesses: Meist viele Monate bis Jahre, währenddessen erhältst du keine IV-Rente und musst deine Lebenshaltungskosten durch andere “Töpfe” überbrücken

Leider ist es so, dass die IV-Rente kein „Selbstläufer“ ist, sondern ein administrativer Prozess mit Wartezeiten, ärztlichen Gutachten und oft auch Abklärungen zur Wiedereingliederung. Deswegen ist es essenziell (wie immer), dass du immer einen Notgroschen von mind. 3 Monatsgehältern auf Seite hältst.

Wie kann ich mich 100% gegen Unfall und Krankheit absichern?

Dich zu 100% abzusichern gegen das Risiko, zu erkranken oder zu verunfallen, geht nur über eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung

Achtung: Dabei gibt es zwei Arten - die Summenversicherung und die Schadensversicherung. Die Summenversicherung zahlt nur die vertraglich vereinbarte Leistung im Schadensfall - auch wenn dein Schaden vielleicht deutlich grösser ausfällt. Im Falle der Erwerbsunfähigkeitsversicherung zahlen die meisten Versicherungen maximal CHF 36’000.- pro Jahr an Erwerbsunfähigkeitsrente. Und das nur bei einem IV-Grad von mindestens 25%! Die Schadensversicherung hingegen schaut sich an, wie hoch dein individueller, wirtschaftlicher Schaden ist (anhand des IV-Grades) und füllt diesen bis zu max. 90% auf.

Bei Selbständigen bedarf es zusätzlich zur Erwerbsunfähigkeitsversicherung für die kurzfristige Absicherung das Krankentagegeld (inkl. Absicherung bei Unfall) und langfristig dann die Absicherung über eine Pensionskasse mit Unfallversicherung oder alternativ eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung innerhalb der 3a, die Krankheit und Unfall einschliesst.

Fazit zur IV-Rente

Die IV-Rente in der Schweiz bietet eine wichtige Grundabsicherung, wenn du durch Krankheit oder Unfall dauerhaft nicht mehr arbeiten kannst. Doch sie ersetzt in den meisten Fällen nur einen Teil deines Einkommens und genau hier entsteht eine Lücke, die schnell existenziell werden kann.

Damit du im Ernstfall nicht in finanzielle Schwierigkeiten gerätst, solltest du deine persönliche Situation kennen: Prüfe deine Ansprüche aus der AHV, der Pensionskasse und bestehenden Versicherungen. Rechne nach, wie hoch dein Bedarf wäre und wie gross deine Lücke tatsächlich ist.

Die gute Nachricht: Mit der richtigen Vorsorge, z. B. einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung, kannst du diese Lücke schliessen. So sicherst du dir und deiner Familie auch in schwierigen Zeiten ein stabiles Einkommen.

Mein Tipp: Warte nicht, bis es zu spät ist. Beschäftige dich heute mit deiner Absicherung (zum Beispiel im Rahmen unserer Investment Class), dann kannst du morgen deutlich entspannter in die Zukunft blicken.

FAQs zur IV-Rente

Was ist der Unterschied zwischen Berufsunfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Invalidität?

Arbeitsunfähigkeit: Die vorübergehende Einschränkung, den aktuellen Job auszuüben - z.B. bei einer Krankheit oder nach einem Unfall. Sie ist zeitlich begrenzt (z.B. 2 Wochen bis mehrere Monate).
Beispiel: Du brichst dir den Arm und kannst 3 Monate nicht arbeiten.

Berufsunfähigkeit: Dauerhafte oder langfristige Unfähigkeit, den erlernten/ausgeübten Beruf auszuüben - aber vielleicht könntest du noch in einem anderen Beruf arbeiten. Der Begriff wird vor allem in Deutschland genutzt, wo es auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung gibt - in der Schweiz gibt es diese nicht. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt meist schon ab 50% Berufsunfähigkeit (in Bezug auf deinen Beruf).

Erwerbsunfähigkeit: Dauerhafte medizinische Einschränkung, irgendeine Erwerbstätigkeit auf dem Arbeitsmarkt auszuüben - also nicht nur deinen erlernten Beruf, sondern jegliche Tätigkeit.

Invalidität: Medizinisch und rechtlich definierte Erwerbsunfähigkeit, die durch Krankheit oder Unfall entsteht, und einen wirtschaftlichen Schaden auslöst.

Beispiel: Eine Pianistin verliert einen Finger und kann kein Klavier mehr spielen. Dadurch erleidet sie einen Erwerbsverlust und gilt, rechtlich gesehen, als invalid.

Wie unterscheidet sich die deutsche Berufsunfähigkeitsversicherung von der Schweizer Erwerbsunfähigkeitsversicherung?

Die deutsche Berufsunfähigkeitsversicherung greift in dem Falle, wo die Person aufgrund von Krankheit oder Unfall ihren erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann. Die Versicherung zahlt auch dann, wenn die Person einen ganz anderen Beruf noch ausüben könnte - dies aber nicht zumutbar wäre.

Zum Beispiel: Wenn ein Tierarzt eine Tierhaarallergie entwickelt, dann kann er seinen Beruf nicht mehr ausüben. Der Erwerbsausfall wird über die Berufsunfähigkeitsversicherung gedeckt. Auch wenn er in einem Pharmakonzern als Projekt Manager anfangen könnte, zahlt die Versicherung weiterhin die Prämie.

Anders in der Schweiz: Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung greift unabhängig davon, ob die Person ihren oder irgendeinen Beruf ausüben kann, solange die Person einen IV-Grad von mindestens 40% hat.

Clara Creitz

Hi, ich bin Clara - deine Expertin für Vorsorge und Investitionen. Als zertifizierte Finanzplanerin (CFP®) und Finanzcoach helfe ich dir, deine Finanzen in richtige Bahnen zu lenken – und damit mehr Gelassenheit in dein Leben zu bringen.

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