Die 5 grössten Fehler beim Investieren

Das Investieren betrachten wir mal von einer anderen Seite: der psychologischen Seite. In der Finanzwelt ging man lange vom Homo Oeconomicus aus, also dass der Mensch rational ist und handelt. Dass dies ein Trugschluss ist, kann man sich vorstellen. Daniel Kahneman und Amos Tversky haben in den 1970er begonnen, im Bereich “Behavioural Finance” zu forschen, um herauszufinden, was Denkfallen sind, die das Investieren beeinflussen. Wir stellen euch einige hier vor:

1. Overconfidence - Überschätzung

Überschätzung ist ein Phänomen, welches bedeutet, dass man die eigenen Informationen mit einer höheren Qualität einstuft und deswegen denkt, dass man es besser weiss. Die Folge beim Investieren ist häufig, dass man denkt, eine Aktie besonders beurteilen zu können und deswegen ausschließlich diese Aktie kauft und damit nicht genug diversifiziert ist. Auch kann Überschätzung dazu führen, dass man zu aktiv ist und somit zu häufig handelt. Wer viel traded, zahlt viele Gebühren und verliert unter Umständen den Vorteil, den er oder sie beim richtigen Aussuchen der Aktien gewonnen hat. 

Wie kann man das vermeiden? Zum einen kommt Overconfidence beim Stockpicking - also dem Investieren in Einzeltitel - zum Tragen. Deswegen lohnt es sich eher passiv zu investieren (z.B. über ETFs). Alternativ kann man mit einem Robo Advisor investieren, der stur seinen Algorithmus anwendet.

2. Home Bias - Heimatneigung

Heimatneigung bedeutet, dass viele Anleger bevorzugt Aktien der eigenen Region kaufen. Warum? Typischerweise denken wir, wir kennen uns besser aus als andere in unserem Markt. Gleichzeitig kennen wir uns nicht in anderen Märkten aus. Das führt dazu, dass typischerweise Amerikaner überdurchschnittlich viele Aktien aus den USA besitzen, Deutsche primär deutsche Aktien und Schweizer vorrangig Aktien von Schweizer Firmen.

Da die meisten Heimatmärkte auch durch gewisse Industrien geprägt sind, bedeutet das, dass Anlegerinnen meist ein Klumpenrisiko in einer Industrie und einem Land haben. Beispiel: Amerikaner an der Westküste haben überdurchschnittlich viele Aktien von Tech-Firmen, wohingegen Amerikaner der Ostküste vor allem Aktien von Finanzdienstleistern haben.

Ihr könnt es euch vorstellen, was das Problem ist? Zu viele gleiche Aktien in einem Portfolio und somit keine ausreichende Diversifikation. Wie kann man das vermeiden? In dem man sich ein diverses Portfolio baut und diverse Regionen und Industrien abdeckt (z.B. durch einen ETF oder über min. 20-30 Einzeltitel wie Aktien).

3. Loss Aversion - Verlustaversion

Die Verlustaversion bedeutet, dass man als Mensch Verluste schwerer gewichtet als Gewinne. Beispiel: Eva besitzt 50.000,- und Anna 10.000,-. Wenn jetzt Eva 10.000,- verliert und Anna 10.000,- dazu gewinnt, dann schmerzt es Eva mehr, als es Anna an Freude bringt, obwohl Eva immer noch mehr hat als Anna.

Warum ist das wichtig zu wissen? Weil wir dadurch oft Verluste nicht realisieren und somit eben Aktien, die an Wert verloren haben, nicht verkaufen. Gleichzeitig verkaufen wir gut gelaufene Aktien zu früh. Insgesamt kann man sagen, dass wir durch die Verlustaversion das Timing sehr häufig verhauen. Was dagegen hilft? Nicht auf das Timing setzen, sondern einen Sparplan aufsetzen und diesen monatlich besparen und auch Aktien über einen Zeitraum auch wieder verkaufen, wenn man diese nicht mehr halten mag. Damit macht man sich vom Dollar-Cost-Averaging einen Vorteil.

4. Limited Attention Span - Begrenzte Rationalität

Es gibt Tausende von Aktien zur Auswahl, aber Eva und Anna haben weder die Zeit noch den Wunsch, die einzelnen Aktien zu untersuchen. Der Mensch ist gezwungen, was der Ökonom und Psychologe Herbert Simon als "begrenzte Rationalität" bezeichnete. Diese Theorie besagt, dass ein Mensch aufgrund des begrenzten Wissens, das er anhäufen kann, Entscheidungen treffen wird. Anstatt die effizienteste Entscheidung zu treffen, treffen sie die einfachste Entscheidung. Aufgrund dieser Einschränkungen ziehen Anleger in der Regel nur Aktien in Betracht, die sie über Webseiten, Finanzmedien, Freunde und Familie oder andere Quellen kennen. Ohne weitere Recherche. Was tun? Entweder nimmt man sich Zeit und fängt mit Aktienbewertungen an inkl. aller Kennzahlen. Oder man wählt eine Strategie, die keine Auswahl von Einzeltiteln bedingt, wie z.B. eine passive Strategie in Indexfonds oder ETFs. Dies kann man selbst umsetzen oder über einen Robo Advisor.

5. Chasing Trends - Trends nachjagen

Dies ist wohl der häufigste Fehler. Forscher im Bereich Behavioral Finance stellten fest, dass 39% der Neugelder meist in Fonds fliessen, die im Vorjahr die beste Performance zeigten. Klingt auf den ersten Blick plausibel, man will ja nur das Beste. Gleichzeitig zeigt es auch, dass wir Herdentiere sind und vor allem Produkte kaufen, die alle kaufen. Beispiele: Hype um Kryptowährungen. Auch suchen wir häufig nach rationalen Gründen für eine Entscheidung, die wir schon längst emotional gemacht haben. Unbewusst passiert die: “Ich will eine Aktie kaufen und suche vor allem nach Meinungen, die diese Entscheidung unterstützen”. Das nennt man selektives Wahrnehmen.  

Was tun? Wenn du einen Trend findest, ist es wahrscheinlich, dass der Markt ihn lange vor dir identifiziert und ausgenutzt hat und du läufst Gefahr, auf dem Höhepunkt zu kaufen. Ein Trade, der gerade rechtzeitig gestartet wird, um den Wertrückgang der Aktie zu beobachten. Wenn du eine Ineffizienz ausnutzen möchtest, wähle den Ansatz von Warren Buffett. Kaufen, wenn andere ängstlich sind und verkaufen, wenn sie zuversichtlich sind. Der Herde zu folgen bringt nur selten große Gewinne. Alternativ kannst du entscheiden, eben nicht Trends zu folgen und dir ein Portfolio aufzubauen, welches bei allen Wirtschaftszyklen funktioniert, z.B. mit verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und alternativen Anlagen.

Zusammenfassung

Fallstricke kann man nie ganz vermeiden, aber über sie Bescheid zu wissen hilft beim Reflektieren der eigenen Handlung. Auch das Nutzen von rationalen Tools wie Robo-Advisor oder passiven Strategien kann helfen, den Fallstricken aus dem Weg zu gehen. Das klingt einfach und ist auch in der Regel einfacher umzusetzen als reines Aktieninvestment oder nach dem nächsten Hype zu suchen.

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Financial Literacy - Drei Dinge, die du unbedingt verstehen solltest

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Die 4 grössten Gedankenfehler der Finanzplanung