Konkubinat vs. Ehe: Alles, was du wissen solltest in der Schweiz (2024)

Irgendwann in einer Beziehung stellt sich die Frage ob man heiratet oder nicht. Wer heiratet regelt schnell finanzielle Fragen mit der Ehe, da gesetzlich hier klare Weisungen vorherrschen in Bezug auf Aufteilung von Vermögenswerten, Rechte & Pflichten, Vorsorge, Erbschaften und auch Scheidungen.

All diese Punkte sind bei Konkubinatspaaren nicht geklärt und dies bedeutet, wenn man diese Punkte geklärt haben möchte muss du selber aktiv werden.

Wir gehen durch die wichtigsten Punkte durch, welches ein Konkubinatspaar sich anschauen sollte, insbesondere wenn man plant länger zusammen zu sein, eine Immobilie kauft oder auch gemeinsame Kinder hat:

# 1 - Konkubinatsvertrag 

Ein Konkubinat ist ein Paar, welches nicht verheiratet ist aber dennoch zusammen lebt. Als Paar kann man in einem Konkubinatsvertrag gewisse Punkte regeln wie:

  • Generelle Wohnsituation (Miete/Eigentum): Ein Konkubinatspaar kann sich gemeinsam Immobilien kaufen und sich entsprechend der finanziellen Beteiligung in das Grundbuch eintragen lassen. Im Vertrag sollte festgehalten sein, was im Falle einer Trennung mit der Immobilie geschieht und wer ausziehen muss.

  • Inventar über Vermögen und Schulden: Unverheiratete Paare werden in Bezug auf das Vermögen und die Schulden behandelt wie Einzelpersonen. Das bedeutet, falls die eine Person verstirbt, erhält die andere nichts vom Vermögen – es sei denn, es ist anders in einem Vertrag festgehalten.

  • Sorge und Betreuung von Kindern: Wenn ein Konkubinatspaar gemeinsame Kinder hat, ist ein Konkubinatsvertrag als Absicherung wichtig. Hat ein unverheiratetes Paar Kinder, so müssen sich die Eltern schriftlich einverstanden erklären, dass das Sorgerecht bei beiden Parteien liegt. Das Ganze wird entweder zusammen mit der Kindesanerkennung auf dem Zivilstandsamt oder separat bei der Kindesschutzbehörde eingereicht. Wenn einer der Partner oder eine der Partnerinnen sich um den Haushalt kümmert und dadurch nicht oder nur Teilzeit arbeiten kann, ist dringend empfohlen, im Konkubinatsvertrag eine Entschädigung festzuhalten. Sonst gilt die Haushaltsführung unentgeltlich, auch wenn eine Person ihr Arbeitspensum reduziert hat.

  • Der Unterhalt von Kindern: Konkubinatspartner und Konkubinatspartnerinnen sind nicht verpflichtet, für die Kinder des oder der anderen zu sorgen und Unterhalt zu zahlen. Auch wenn das Paar später heiratet.

Das Ziel eines Konkubinatsvertrages ist es, Dinge zu regeln, die ohne Vertrag oder Ehe nicht geregelt sind.

# 2 - Vorsorgeauftrag

Falls jemand in der Partnerschaft urteilsunfähig wird, kann das zu Problemen führen, denn meistens benötigt es einen Vormund. Um hier unschönen Situationen aus dem Weg zu gehen, kannst du einen Vorsorgeauftrag beschließen. Dieser definiert, wann dein Partner Entscheidungen für dich treffen kann. Dies bezieht sich auf folgende Bereiche: 

  • Die Personensorge: Dabei geht es um Entscheidungen über medizinische und pflegerische Behandlung sowie Hilfe im Alltag. 

  • Die Vermögenssorge: Sie umfasst die Verwaltung von Einkommen und Vermögen inklusive der Betreuung des Zahlungsverkehrs. 

  • Die Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten: Dazu gehört im Wesentlichen das Eingehen oder Auflösen von Verträgen. 

Ein Vorsorgeauftrag kann eigenhändig - also per Hand - oder mit einer öffentlichen Beurkundung erstellt werden. Ein Vorsorgeauftrag sollte sicher aufbewahrt werden, aber auch so, dass dein Partner diesen findet und Zugriff hat im Fall einer Urteilsunfähigkeit.

# 3 - Patientenverfügung 

Eine Patientenverfügung dient der Vollmacht über medizinische Entscheidungen. Mit einer Patientenverfügung kannst du deinem/r Partner/in die Möglichkeit geben bei ärztlichen Eingriffen Entscheidungen zu treffen, wenn du urteils- oder handlungsunfähig bist.  Eine Patientenverfügung kann eigenhändig - also per Hand - oder mit einer öffentlichen Beurkundung erstellt werden. Die Patientenverfügung kann seit 2013 auf der Krankenkassenkarte gespeichert werden

 # 4 - Vollmachten

Vollmachten für die Bank, Versicherungen und Behörden sind wichtig. Diese helfen deinem/r Partner/in Entscheidungen zu treffen für den Fall wie Unfall, Krankheit oder Tod. Da ein Vorsorgeauftrag meistens geprüft und validiert werden muss, kann man mit einer Vollmacht schon agieren. Vollmachten können generell gelten oder auch speziell definiert werden wie eine Auskunftsvollmacht  (z.B. bei der Bank, beim Arzt etc.) oder auch für Rechte (z.B. Besuchsrechte im Spital).

# 5 - Trennung

Bei einer Trennung sind Konkubinatspaare ohne Vertrag rechtlich nicht abgesichert.

Wenn kein Konkubinatsvertrag vorliegt, können im Falle einer Trennung dann Ansprüche geltend gemacht werden, wenn ein uneheliches Paar Kinder hat. Ansonsten gelten in Bezug auf Miete, Entschädigung und Erbe, die Vereinbarungen des Konkubinatsvertrags.

# 6 - Altersvorsorge

  • Erste Säule: Bei Konkubinatspaaren bezahlt jeder AHV-Beiträge für sich. Das heisst, hat der Konkubinatspartner oder die Konkubinatspartnerin nicht gearbeitet, gilt diese Person für die AHV als «Nicht Erwerbstätige» und muss für die Beiträge selbst aufkommen. Konkubinatspaare erhalten je eine Einzelrente, der Gesamtbetrag der Rente fällt hier also höher aus, als bei Ehepaaren. Der oder die Hinterbliebene kann keine Witwen- oder Witwerrente geltend machen.

  • Zweite Säule: Pensionskassen können je nach Reglement entweder Renten oder eine Kapitalabfindung ausrichten. Es empfiehlt sich, die Bestimmungen deiner Pensionskasse diesbezüglich im Reglement zu prüfen. Je nach Pensionskasse müssen eine oder mehrere dieser Bedingungen erfüllt sein:

    • Die Lebenspartnerschaft dauerte zum Zeitpunkt des Todes mindestens fünf Jahre

    • Der oder die Hinterbliebene wurde vom Verstorbenen finanziell erheblich unterstützt

    • Der oder die Hinterbliebene hat für ein gemeinsames Kind zu sorgen

    Macht die Pensionskasse Leistungen von einer erheblichen finanziellen Unterstützung abhängig, kann ein Konkubinatsvertrag neben der Steuererklärung ein nützliches Beweismittel sein.

    Gemäss Freizügigkeitsverordnung (Art. 15 FZV) gehört der Lebenspartner oder die Lebenspartnerin unter den genannten Bedingungen ebenfalls zu den begünstigten Personen von Freizügigkeitskonten und Freizügigkeitspolicen. Aus diesem Grund lohnt es sich, dies alles bei der Pensionskasse abzuklären, da Renten an unverheiratete Paare nicht durch eine gesetzliche Norm geregelt sind. Falls keine Leistungen vorgesehen sind, kann mit einer privaten Lebensversicherung die Vorsorgelücke geschlossen und der Partner oder die Partnerin so abgesichert werden.

  • Dritte Säule: Um Konkubinatspartner und Konkubinatspartnerinnen zu berücksichtigen, wird ebenfalls die Kontaktaufnahme mit der Vorsorgestiftung empfohlen. Die Begünstigungsordnung in Lebensversicherungen der freien Vorsorge (Säule 3b) kann gemäss Versicherungsvertragsgesetz individuell ausgestaltet werden. Die übrigen Vermögenswerte werden nach dem Ableben an die berechtigten Erben übertragen.

# 7 - Testament 

Wenn man verheiratet ist und kein Testament hat, gilt erstmal, dass der Ehepartner 50% vom gemeinsamen Vermögen erhält und vom Vermögen des Verstorbenen 50%. Als Konkubinatspartner gibt es kein gemeinsames Vermögen laut Gesetz. Deswegen muss man ein Testament schreiben, um den Konkubinatspartner zu berechtigen, hier müssen Pflichtteile berücksichtigt werden: Kindern, Eltern oder anderen Erben. Ein Testament kann handschriftlich oder als öffentlich beurkundetes Dokument geschrieben werden. Hier empfiehlt sich die Hilfe von einem/r Rechtsanwalt/Anwältin zu nutzen.

Dies sind einige Punkte, die wichtig sind als nicht verheiratetes Paar, gerade dann, wenn Kinder vorhanden sind, gemeinsame Immobilien da sind oder sonst eine langlebige Partnerschaft geplant ist.

Tipp: Falls du mehr wissen willst, schau doch mal beim Podcasts von womensguide vorbei. Dort habe ich ein Interview dazu gegeben. Auch habe über das Thema Absicherung gesprochen.

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